#32
Das war's jetzt. 12 Jahre Schule.
Am letzten Tag standen wir herum und eigentlich wollte keiner gehen, aber bleiben wollte auch keiner. Ich bin aus dem Klassenraum marschiert, dieses Grinsen auf den Lippen: Ich habe die Welt besiegt.
Dass der schwerste Teil noch kommt, das lässt sich so leicht vergessen.
Ich war wie ein Luftballon. Leicht und über allem schwebend.
Ich hab zu spät gemerkt, dass alle weinen. Und als ich sie gesehen hab, die Tränen, die sich in den staubigen Boden graben, da dachte ich: Wieso?!
Ich stand da, wie jemand, der etwas nicht begriffen hat, ich hab sie alle angesehen, wahrscheinlich wieder nichts kapiert und einfach mal betreten nach unten geguckt.
Irgendwann bin ich dann gegangen, ein paar liebe Worte (oder Worte, die so klingen sollten) an die Freunde (oder manche, die so tun als ob), und raus hier. Ich kann mit Menschen, die weinen, weil es die Situation verlangt, nichts anfangen. Vielleicht fehlt mir da wirklich was, wer weiß.
Ich weiß bloß, dass ich glücklich war, als ich aus dem Gebäude trat. Dass ich glücklich war, letztendlich da angekommen zu sein, wo ich nie hin wollte.
Ich trat unter die Sonne und in die frische Luft, als träte ich aus einem Atombunker, der jahrelang mein Zuhause gewesen war. Ich atmete, als hätte ich noch nie geatmet.
Ich hab bis jetzt nicht geweint. Ich wüsste nicht wieso. Die letzten Jahre habe ich so viel geweint, warum sollte ich weinen, wenn ich den Grund für mein Weinen hinter mir lasse?
Ich werde nichts vermissen. Auch nicht die Menschen. Ich sage Menschen, weil ich jetzt schon dabei bin, ihre Namen zu vergessen. Schließlich wussten sie meinen Namen auch nie. Ein bisschen hoffe ich, dass sie sich an ihn erinnern werden, wenn ich ihre längst nicht mehr weiß.
Weint ruhig, aber ich werde nie um euch weinen.
Nicht um euch als Kollektiv. Ihr seid ja alle nett, aber in der Masse seid ihr scheiße. Oder ihr seid in der Masse nett und ich allein bin scheiße. Aber selbst das wäre mir jetzt egal.
Was zählt ist: Ich bin frei, jetzt, endlich.
Aber stimmt, das Schwerste kommt noch.
Nein, das Schwerste ist geschafft.