#10
Sommerimpressionen.
Mehr als 120 gibt sie nicht mehr her, die alte Karre, aber als Sauna taugt sie noch ganz gut. In ihrem Inneren: vier mal gebündeltes Testosteron und ich. Simba und Zorro beatboxend neben mir, der Einser als Navigator auf dem Beifahrersitz und Johnny The Lonesome Cowboy (der Einfachheit halber ab hier nur noch "Cowboy") mit dem Lenkrad in den Händen.
So rumpeln wir bei gefühlten 45 Grad über die Autobahn. Unter uns knallt, ächzt und quietscht es, vom satten Sound eines Ferraris ist der Wagen weit entfernt. Damit wir trotzdem das Gefühl haben, in einem Formel-1-Auto zu sitzen, brummen wir einfach lautstark mit, und heulen schrill auf, wenn wir so tun, als würden wir beschleunigen.
Mitten in der Prärie endet die Autobahn, wir biegen ab auf eine Landstraße. Unser menschliches Navi versagt ein paar Mal, der Cowboy darf das Wenden üben. Erneutes Anfahren im dritten Gang, wir werden rechts von einem Mofa überholt, ansonsten keine besonderen Vorkommnisse.
Nach einer jahrelangen halben Stunde parken wir die feuerrote Schrottkarre mitten in der Sonne. Die Bikinimädchen sieht man schon von weitem. Beschwerliche zwanzig Minuten Fußweg später werfen auch wir uns in die Fluten. Simba, Zorro und der Einser schwimmen raus, bis sie vor Sonnenlicht nicht mehr zu sehen sind. Der Cowboy pflückt mir ein paar Algen. Was für ein lustiger Zufall, denke ich, in meinem Horoskop stand
letztens, Wasserpflanzen würden mich entzücken. Ich stehe also da und schau aufs Wasser und die tätowierte Frau, die sich ins Bild geschlichen hat, und versuche entzückt auszusehen. Vielleicht ist Entzückung nur was für Mädchen, überlege ich, solche die rosarote Fellbommeln und Schleifchen an ihren Schuhen tragen. Ich tauche ab, dem Licht entgegen, die Kälte umschließt mich, gleitet in jede verstopfte Pore, und als ich auftauche, habe ich Tang zwischen den Zähnen und bin ehrlich entzückt.
Als wir heimfahren, schwitzen wir wieder.